Inflation, Umlaufvermögen und das Problem mit dem Scheingewinn
Preissteigerungen bei den Rohstoffen, Lieferengpässe und Unsicherheiten: Ein schwieriges Wirtschaftsjahr liegt vor uns.
Einmal angenommen, am Jahresende weisen Ihre Bücher einen schönen Gewinn aus. Ist dann alles doch noch einmal gut ausgegangen? Vielleicht ja, vielleicht nein. Denn das, was Sie da sehen, könnte ein Scheingewinn sein.
Wie entsteht ein Scheingewinn?
Am einfachsten erklärt sich das Problem mithilfe einer Beispielrechnung:
- Anschaffungskosten Holz, 1 Mengeneinheit (ME) = 80 Euro
- Verkaufspreis, 1 ME = 120 Euro
- Gewinn = 40 Euro
Wegen der Inflation sind die Wiederbeschaffungskosten für Rohholz gestiegen. Eine ME kostet nun 95 Euro. Wie hoch ist der reale Gewinn?
- Wiederbeschaffungskosten Holz, 1 ME = 95 Euro
- Verkaufspreis, 1 ME = 120 Euro
- Realer Gewinn = 25 Euro
Das Unternehmen macht Gewinn, doch wegen der Inflation fällt dieser geringer aus als gedacht. In Ihren Büchern steht ein Gewinn von 40 Euro. Wenn Sie jedoch die Inflation berücksichtigen, hat Ihr Unternehmen tatsächlich nur 25 Euro verdient. Es liegt ein Scheingewinn vor. Die Höhe des Scheingewinns entspricht der Differenz aus Anschaffungskosten und Wiederbeschaffungskosten:
- 95 Euro – 80 Euro = 15 Euro.
Ihre Bücher weisen demnach einen Scheingewinn von 15 Euro aus.
Problem: Substanzverlust
Sollte das Unternehmen jetzt den fiktiven, nominalen Gewinn von 40 Euro ausschütten, zehrt es seine Substanz auf. Besser wäre es, nur 25 Euro auszuschütten.
In der Gewinn-und-Verlust-Rechnung bleiben Scheingewinne verborgen. Sie werden also wie „echte“ Gewinne besteuert und ausgeschüttet, denn im Steuerrecht dominiert das Nominalwertprinzip. Das bedeutet: Geld wird mit seinem zahlenmäßigen Wert angesetzt. Die Geldentwertung spielt keine Rolle (Haufe Personal Office Platin).
Auch das Handelsrecht geht vom nominalen Wert des Geldes aus und lässt die Geldentwertung unberücksichtigt (DeWiki, Scheingewinn).
Um sich zu schützen, sind die Unternehmen aufgefordert, ihre Gewinne sinnvoll zu verwenden und unter anderem Teile des Nominalgewinns in Rücklagen zu stellen (Wirtschaftslexikon24.com, Scheingewinn).
Sonderbehandlung des Umlaufvermögens
Das Umlaufvermögen wird steuerrechtlich anders behandelt. Der Gesetzgeber lässt zu, Preisänderungen durch Inflation zu berücksichtigen.
Das Bewertungsinstrument dazu ist das LIFO-Verfahren (Last in, First out). Bei diesem Verfahren werden fiktiv immer die zuletzt eingestellten Güter des Lagers verbraucht. Im Falle einer Inflation sind das diejenigen mit dem höchsten Wertansatz. Ein Scheingewinn wird damit ausgeschlossen, weil die Produktion aus der Beschaffung des laufenden Geschäftsjahrs erfolgt. Auch das HGB lässt diese Methode zu (§ 256 HGB).
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