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Standard Bewertungsmethoden

Die Bilanz manipulieren: Das darf man doch nicht, oder? – Stimmt nicht. Innerhalb gewisser Grenzen ist dies zulässig und sogar sinnvoll. Erfahren Sie, wie die Wahl der Bewertungsmethode für Ihre Lagerbestände Ihre Ziele unterstützt.

Weshalb es „den Gewinn“ nicht gibt

Es geht um Lagerbestände und ihre Bewertung zum Bilanzstichtag. Mit der Wahl der Bewertungsmethode nehmen Sie Einfluss auf die Höhe Ihres Bilanzergebnisses. Ob Sie einen hohen Gewinn als positiv oder negativ einordnen, hängt von Ihren Zielen ab. Es kommt darauf an, wer der Empfänger der Information ist und was Sie zeigen wollen. Ein paar Beispiele dazu:

  • Mitarbeitende und Gewerkschaftler wünschen sich Stabilität und sichere Arbeitsplätze. Eine vorsichtige Bewertung, die einen eher maßvollen Gewinn ausweist, trägt diesem Wunsch Rech­nung – denn dann bleiben Reserven im Unternehmen.
  • Aktionäre wünschen sich oft – wenn auch nicht immer – einen hohen Gewinn, denn dann dürfen sie eine hohe Gewinnausschüttung erwarten. Unter diesem Gesichtspunkt sollten die Lagerbestände hoch bewertet werden.
  • Das Management braucht vor allem realistische Bewertungsergebnisse, um sinnvolle Entscheidungen zu treffen – zumindest intern. Für die externe Kommunikation kann ein hoher Gewinn gewünscht sein, wenn es etwa darum geht, die Zustimmung für kostenintensive Investitionen einzuholen und den Stakeholdern zu signalisieren, dass das Unternehmen diese Pläne gut verkraftet.
  • Für den Fiskus bedeutet ein hoher Gewinn hohe Steuerzahlungen.

Das Rech­nungswesen kennt also verschiedene Empfänger und Einsatzzwecke: Rechenschaft, Entscheidungsunterstützung, Steuerbemessungen oder Ausschüttungen, um nur einige zu nennen.

Theoretisch ist es denkbar, verschiedene Rechenwerke für die unterschiedlichen Zwecke aufzusetzen. Für die Praxis ist das jedoch viel zu aufwändig. Deshalb müssen die Entscheider zwischen den Zielen abwägen.

Lagerbestände, Bewertung und Gewinn: der zentrale Mechanismus

Die Bilanz am Jahresende stellt eine Momentaufnahme über die wirtschaftliche Situation eines Unternehmens dar. In der Bilanz werden Vermögenswerte und Schulden einander gegenübergestellt. Ist die Summe der Vermögenswerte höher als die der Schulden, dann war es ein gutes Jahr. Es gibt einen Gewinn.
Die Bewertung der Lagerbestände nimmt in diesem Mechanismus Einfluss auf den Gewinn, denn Lagerbestände sind Vermögenswerte. Werden ihre Werte im Rahmen des Zulässigen hoch angesetzt, steigt der Gewinn. Werden diese niedrig angesetzt, fällt der Gewinn geringer aus.
Den „wahren“ Gewinn gibt es deshalb nicht. Es gibt nur einen gesetzlich zulässigen und kommunikativ sinnvollen.

Welche Bewertungsmethoden gibt es?

Generell gilt das Gebot der Einzelbewertung von Wirtschaftsgütern. Bei bestimmten Gütern ist dies jedoch unmöglich oder der Aufwand ist unverhältnismäßig. In diesen Fällen dürfen die Bilanzpflichtigen auf Bewertungsvereinfachungsverfahren zurückgreifen. Im Gebrauch sind diese Verfahren:

Festbewertung

Bei der Festbewertung werden die Vermögensgegenstände über mehrere Wirtschaftsjahre hinweg mit demselben Wert angesetzt. Die Annahme dabei ist, dass sich Zugänge, Abgänge und Wertveränderungen ausgleichen.

Für eine Festbewertung kommen zum Beispiel diese Güter infrage:

Hotel- und Gaststättenbereich: Besteck, Geschirr und Wäsche

  • Maler- oder Dachdeckerbetriebe: Gerüstteile (Ausnahme: Gerüstbauer, da in dessen Bilanz diese Wirtschaftsgüter nicht nachrangig sind)
  • Bauunternehmen: Schalungsteile
  • Brauereigewerbe: Flaschen und Kästen
  • Kleingeräte verschiedener Art
  • Formen, Walzen, Modelle
  • Werkzeugbestände des Anlagevermögens
    Quelle: Wikipedia (https://de.wikipedia.org/wiki/Festbewertung)

Voraussetzungen für die Festbewertung sind

  • Geringe Schwankungen.
  • Nachrangige Bedeutung des Gesamtwertes.
  • Regelmäßiger Ersatz.

Die Festbewertung ist handels- wie steuerrechtlich zulässig. Alle drei Jahre müssen die Bilanzpflichtigen jedoch eine körperliche Bestandsaufnahme durchführen. Grundlage ist § 240 Abs. 3, Satz 1 HGB: „Vermögensgegenstände des Sachanlagevermögens sowie Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe können, wenn sie regelmäßig ersetzt werden […] mit einer gleichbleibenden Menge und einem gleichbleibenden Wert angesetzt werden, sofern sein Bestand […] nur geringen Veränderungen unterliegt.“

Für unfertige und fertige Erzeugnisse darf kein Festwert angesetzt werden.

Durchschnittsbewertung

Eine Durchschnittsbewertung kommt infrage, wenn die zu bewertenden Gegenstände ihrer Art nach nicht mehr einzeln bewertet werden können. Beispiele sind Schüttgüter und andere Wirtschaftsgüter, die nach Maß, Zahl oder Gewicht bestimmt werden.
Beispiele sind:

  • Baustoffe: Kies, Zement oder Gips.
  • Füllstoffe: Pigmente oder Granulate.
  • Lebensmittel: Getreide, Mehl, Zucker Kaffee oder Salz.
  • Rohstoffe wie Mineralöl, Gas, Salz, Holz, Fette, Wachse.

Die Einstandspreise können im Verlauf des Wirtschaftsjahres schwanken und im Einzelnen nicht mehr einwandfrei festgestellt werden. Deshalb ist ein Abweichen vom Gebot der Einzelbewertung erlaubt und ein geschätzter Wert darf angesetzt werden. Es gibt zwei Möglichkeiten der Bewertung: der gewogene und der gleitende Durchschnitt.

Grundlage ist das HGB. Dort heißt es in § 240 Abs 4: „Gleichwertige Vermögensgegenstände […] und Schulden können jeweils in einer Gruppe zusammengefasst und mit dem gewogenen Durchschnittswert angesetzt werden.“

Verbrauchsfolgebewertung

Die Verbrauchsfolgebewertung unterstellt, dass Lagervermögen in einer bestimmten Reihenfolge verbraucht werden.

Die wichtigsten und in der Praxis gebräuchlichen Verfahren sind:

  • First-In-First-Out (FIFO)
    Die zuerst gekauften Lagerbestände werden zuerst verwendet.
  • Last-In-First-Out (LIFO)
    Die zuletzt gekauften Gegenstände werden zuerst eingesetzt.

Die Wahl der Methode nimmt einen starken Einfluss auf die Höhe der Vermögenswerte – weshalb das Handelsgesetzbuch wie auch die Steuergesetzgebung ein wachsames Auge darauf haben.

Wie beeinflussen die beiden Methoden die Bilanz?

Im Normalfall steigen die Beschaffungskosten im Zeitablauf.

Bei Einsatz des LIFO-Verfahrens gilt die Annahme, dass die jüngeren und damit kostenintensiveren Lagerbestände zuerst entnommen und verbucht werden.

In der Bilanz werden auf die Art die kostengünstigeren Lagerbestände angesetzt. Es kommt zu einem Aufbau stiller Reserven, denn die Vermögensgegenstände werden unterbewertet.
Sollten die Beschaffungskosten sinken, greift das Niederstwertprinzip. Die Vermögenswerte und damit auch die Lagerbestände müssen zum niedrigsten Wert angesetzt werden, wenn mehrere möglich sind.

Bei Einsatz des LIFO-Verfahrens werden die Lagerbestände mit einem niedrigen Wert angesetzt. Die Summe der Vermögenswerte sinkt und der Bilanzgewinn fällt relativ niedrig aus.

Die FIFO-Methode wirkt genau gegenteilig: Bei steigenden Einkaufspreisen führt sie zu einer höheren Bewertung der Lagerbestände. Daraus folgt eine niedrigere Gesamtsumme der Vermögensgegenstände und damit ein höherer Gewinn.

LIFO und FIFO in Handelsrecht und Steuerrecht

LIFO- und FIFO-Methode sind beide handelsrechtlich zulässig. In der Steuerbilanz hingegen ist nur noch die LIFO-Methode erlaubt oder alternativ das Durchschnittskostenverfahren (§ 6 Abs. 1 Nr. 2a Satz 1 EStG) . Eine Ausnahme gilt, wenn das FIFO-Verfahren der tatsächlichen Verbrauchsreihenfolge entspricht, wie es bei Lebensmitteln sein kann.

Doch auch die LIFO-Methode muss sich mit Blick auf die Steuerbilanz rechtfertigen. Eine IT-gesteuerte Lagerbuchhaltung lässt eine weitergehende Einzelbewertung von Vermögensgegenständen mit vertretbarem Aufwand zu. Lassen sich die Anschaffungskosten individuell ermitteln, ist das steuerpflichtige Unternehmen dazu verpflichtet, mit diesen Werten zu arbeiten.

Zusätzliche Möglichkeiten der Bewertung zum Stichtag / Inventur

Zur Ermittlung des Wareneinsatzes und Herstellkosten gemäß der bereits oben benannten Bewertungsgrundlagen ist darüber hinaus eine Bewertung der Vorräte nach individuellen Regelwerken möglich. Bewertungsvorgaben auf Basis von Gängigkeit, Altersstruktur, Niederstwertprinzip, Währungswechselkurse, Reichweite, Haltbarkeit oder Reichweite sind nur einige Variablen, die in eine individuelle Bewertung des Umlauf­vermögens in der Praxis zusätzlich Einzug finden.

Was tun bei Fehlern oder Änderungen in der Rechtsprechung?

Es gibt viele Gründe, weshalb Kosten­- und Lagerwerte nicht richtig abgebildet werden: Mitarbeitenden unterlaufen Fehler. Die Rechtsprechung ändert sich oder Sie streben eine Rech­nungslegung gemäß der International Accounting Standards an.

Unsere App „Costing Method 365“ erlaubt Ihnen, diese Änderungen mit geringem Aufwand durchzuführen und den Überblick über die Änderungen zu behalten. Fehler können Sie so einfach beheben, Veränderungen nachvollziehen und Auskunft geben, wenn notwendig.

In unseren Webinaren gewinnen Sie einen Überblick über unser Tool. Auch für Ihre Praxis-Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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