Wie aussagekräftig sind Ihre internen Verrechnungspreise wirklich?
Wie profitabel arbeitet die Lohnbuchhaltung? Welchen Wert haben die selbst-gefertigten Werkzeuge? Wie gut wirtschaftet die Auslieferung?
Ganz normale Fragen in Groß-Unternehmen: Große Unternehmen und Konzerne sind in Bereiche gegliedert und jeder Bereich soll profitabel wirtschaften. Dazu stellen die Verantwortlichen die Kosten und Leistungen einander gegenüber und am Ende des Jahres soll ein Plus stehen.
Was passiert, wenn die Bereiche Leistungen tauschen? Verschenkt werden, können sie nicht, denn die Bereiche sollen positiv wirtschaften. Daher arbeitet man mit Verrechnungspreisen. Die internen Preise haben darüber hinaus noch weitere Funktionen:
- Wie profitabel arbeitet der Konzern insgesamt? Wenn alle Bereiche positiv wirtschaften, ist das schon einmal ein gutes Zeichen. Den Verrechnungspreisen kommt eine Steuerungsfunktion zu über die Bereichsgrenzen hinaus.
- Wie werden interne Leistungen besteuert? Bei Transfers über Ländergrenzen hinweg werden die Finanzbehörden hellhörig. Schließlich ist es verlockend, teure Leistungen in ein Hochsteuerland zu verschieben, um dort die Steuerlast zu senken.
- Was ist günstiger: interne oder externe Leistungen? Schließlich helfen Verrechnungspreise bei der Entscheidung, ob Leistungen extern eingekauft oder intern bezogen werden sollen.
Zielkonflikte
Angesichts der Aufgaben zeichnen sich die Konfliktlinien offensichtlich ab:
- Interessenskonflikte zwischen leistenden und empfangenden Bereichen: Der leistende Bereich will hohe Preise erzielen, der empfangende Bereich wenig zahlen.
- Steuerliche Optimierung oder betriebswirtschaftliche Aussagekraft: Werden die Verrechnungspreise steuerlich optimiert, leidet die betriebliche Aussagekraft. Fehlentwicklungen können die Folge sein.
Um diese Konflikte zu lösen, bieten sich zwei Möglichkeiten an:
- Unternehmen richten Ein-Kreis-Systeme ein. Das bedeutet: Eine Leistung wird im ganzen Unternehmen mit einem Verrechnungspreis bewertet – ohne Hin und Her.
- Sie richten Mehr-Kreis-Systeme ein: Für eine Leistung existieren mehrere Verrechnungspreise, je nach Zweck. So sollen die betriebswirtschaftliche Steuerungsfunktion der Verrechnungspreise gesichert und zugleich legale steuerliche Gestaltungsspielräume genutzt werden.
Der Preis dafür: Der administrative Aufwand steigt. Zugleich birgt der Faktor Mensch ein Risiko: Sind die Mehr-Kreis-Systeme eindeutig? Verleiten sie zu Verwechslungen oder Missverständnissen? Sind die Entscheider überfordert? Können die Verrechnungspreise im IT-System abgebildet werden?
Der zusätzliche Aufwand ist erheblich, weshalb Kosten und Nutzen genau abgewogen werden müssen.
Drei Ansätze für Verrechnungspreise
Wie nun lassen sich Verrechnungspreise ermitteln? Dazu bieten sich drei Grundformen und eine Variante an:
Marktpreise
Als interner Verrechnungspreis gilt der Preis am Markt. Diese Lösung ist angenehm einfach: Die Verantwortlichen ersparen sich lange Verrechnungen und Diskussionen. Auch die Steuerbehörden sind meist zufrieden. Allerdings funktioniert diese Variante nur unter bestimmten Bedingungen:
- Für die betreffenden Güter oder Dienstleistungen existiert ein vollkommener Markt (-> https://de.wikipedia.org/wiki/Vollkommener_Markt). Er erlaubt es, einen objektivierten Preis festzustellen.
- Die Nachfrage des Unternehmens nimmt keinerlei Einfluss auf den marktüblichen Preis, da er andernfalls ganz einfach nicht mehr marktüblich ist.
- Der Marktpreis und der Verrechnungspreis halten sich die Waage. Liegt der Marktpreis höher als der Verrechnungspreis, arbeitet das Unternehmen mit überhöhten internen Preisen – und umgekehrt.
Verhandlungsorientierte Verrechnungspreise
Bei dieser Variante verhandeln die beteiligten Bereiche ihre Verrechnungspreise selbst. Damit hängt der Preis von der Verhandlungsmacht und dem Geschick der Partner ab.
Die Bereiche behalten bei dieser Variante eine hohe Selbständigkeit. Doch der Vorteil ist mit erheblichen Nachteilen erkauft:
- Die Verrechnungspreise können für die betriebswirtschaftliche Steuerung nachteilig sein.
- Die Steuerbehörden könnten die Preise anfechten.
- Die Bereiche müssen sämtliche Leistungen von A bis Z selbst verhandeln. Sickern vorteilhafte Preise für einzelne Bereiche durch, kommt es zu Nachverhandlungen und möglicherweise zu Konflikten. Auf jeden Fall ist der Aufwand hoch.
Kostenorientierte Verrechnungspreise
Istpreise sind ideal für den leistenden Bereich, da sie alle Kosten inklusive der Fixkosten einbeziehen. Da die Kosten in ihrem Gesamtumfang jedoch erst zum Ende einer Abrechnungsperiode bekannt sind, weiß der abnehmende Bereich nicht, auf welche Kosten er sich einlässt. Zudem trägt er das Risiko von Kostenschwankungen alleine.
Plankosten
Hier geht der leistende Bereich ins Risiko: Er verpflichtet sich zu einem festen Abgabepreis für die Abrechnungsperiode. Damit stellt er sich dem Druck, diese Preise einzuhalten. Der abnehmende Bereich genießt Planungssicherheit.
Grenzkosten
Der abnehmende Bereich kommt nur für die Kosten auf, die er verursacht hat. Das bedeutet: Er zahlt für die variablen Kosten, nicht aber für die Fixkosten.
Der leistende Bereich kann somit seine Fixkosten nicht verrechnen, weshalb sein Ergebnis schlechter ausfällt als angemessen.
Diese Variante wird in der Praxis selten angewendet. Sie wird hier der Vollständigkeit halber aufgeführt.
Die Alternative: geteilte Verrechnungspreise
Der Verrechnungspreis wird aufgeteilt in einen Fixkostenblock und in den variablen Bereich.
Der abnehmende Teil verpflichtet sich, einen angemessenen Anteil der Fixkosten für die Planungsperiode zu übernehmen. Darüber hinaus zahlt er für die Kosten, die er unmittelbar verursacht, also für die variablen Kosten.
So lange die Rahmenbedingungen einigermaßen stabil bleiben, sorgt diese Variante für eine vollständige Verrechnung der Kosten und zugleich für konstante Verrechnungspreise.
Übrigens: Die CKL-App „Kostenrechnung 365“ hat die interne Leistungsverrechnung bereits mitgedacht. Für Ihre Fragen sind wir gerne da. Erfahren Sie mehr in unserem nächsten Webinar „Kostenrechnung 365 – Basis“
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